Die Pille danach und die Piusbruderschaft…

Anlässlich dieses satirischen Beitrags von +Martin Sonneborn ( http://www.youtube.com/user/Martin0Sonneborn / https://plus.google.com/u/0/107032736072425709456/posts/WQ9SBsX3Sq2 ) sah ich mich veranlasst, mich nun mal etwas tiefergehend mit der Piusbruderschaft und deren Haltung zur Pille danach zu befassen. Primär haben wir das dem Umstand zu verdanken, dass +Martin Sugioarto das Thema mal eben von Satire in Ernst bewegt hat ;))

Also versuch ich mal, den ernsthaften Blick zu wagen. Ich werd mich dabei einfach mal an Inhalte der Piusbruderschaft selber halten, die dankenswerterweise nicht müde wird, ihre Haltung in Schriftform via http://pius.info/ kundzutun.

Einleitend möchte ich folgendes Bibelzitat von eben dieser Seite genommen bringen: „Ihr Frauen, seid euren Männern untertan, wie die Kirche Christus. Ihr Männer, liebet eure Frauen wie euer eigenes Fleisch“ (Eph 5, 24f) (ich gehe davon aus, dass Bibelzitate frei vervielfältigbar sind und somit die Rechte des Betreibers nicht angetastet sind)
Dem folgt ein in meinen Augen recht krude Begründung, dass eben in diesem Weltbild die eigentliche Gleichstellung ruhe und nur die Anerkennung des Unterschiedes der Geschlechter (der ich mit leicht anderer Begründung durchaus zustimme) Gleichberechtigung erlangt werden könne… nun gut…

Ebenso interessant der Bezug auf ein Zitat von Papst Pius XII: Aber der Mann und die Frau können diese ihre gleiche Würde nicht erhalten und vervollkommnen, wenn sie nicht die besonderen Eigenschaften, die die Natur jedem von ihnen gegeben hat, achten und in die Tat umsetzen – unveränderliche körperliche und geistige Eigenschaften, deren Ordnung nicht umgestürzt werden kann, ohne dass die Natur selber immer wieder dazwischentritt, um sie wiederherzustellen. (ebenso dies ist ein Zitat aus anderer Quelle, insofern gehe ich davon aus, dass dies vervielfältigbar ist)

Das belasse ich mal unkommentiert….

Erwähnen möchte ich noch, dass selbst die katholische Kirche an sich offenkundig ein Problem mit den Interpretationen der Piusbruderschaft zu haben scheint: http://www.katholisches.info/2013/02/21/entscheidende-24-stunden-fur-die-piusbruderschaft-stichtag-22-februar/
Die Piusbruderschaft befindet sich momentan in einem Zustand, in dem sie von der katholischen Kirche zwar irgendwie anerkannt aber vagant ist, also nicht im Auftrag der katholischen Kirche handelnd. Dazu näheres bei Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Priesterbruderschaft_St._Pius_X.

Nun denn…

Beginnen wir also mit dem jüngsten Statement der Piusbrüder zum Thema Pille danach: http://pius.info/streitende-kirche/963-abtreibung/7703-bischoefe-erlauben-pille-danach-bei-vergewaltigung

Zusammenfassend: Hierin wird die aktuelle Diskussion zur Pille danach von den Piusbrüdern zur „Hetzjagd“ gegen alles katholische stilisiert. Es wird auf eine Studie verwiesen, nach welcher neben der Befruchtungsverhindernden, also verhütenden Wirkung, ebenso eine Einnistungshemmende Wirkung auf bereits befruchtete Eizellen nicht zuverlässig auszuschliessen sei. In der Tat sei es so, dass die Pille danach, wenn vor der Befruchtung eingenommen, die Befruchtung verhindert, in einem gewissen Zeitfenster nach der Befruchtung allerdings auch die Einnistung der befruchteten Eizelle verhindern kann und somit nach einer gewissen Definition als „frühabtreibend“ betrachtet werden kann.

Kommentar :
Die medizinische Einschätzung zur Pille danach ist in meinen laienhaften Augen korrekt.

Interessant ist in meinen Augen hier allerdings die Frage, ob eine bewusste Abtreibung vorliegt. Diese zieht gemäß Kirchenrecht die Exkommunikation als Tatstrafe, also augenblicklich mit der Tat eintretend, für alle Beteiligten nach sich. (Interessanterweise gilt selbiges nicht für Mord oder Totschlag, diese bleiben also für die Kirche verzeihbar, eine Abtreibung hingegen nicht)

Nun ist das Kirchenrecht erstmal festgeschrieben, also bei aller Kritikwürdigkeit nicht diskutabel. Es geht also primär um die Frage, ob im Falle der Pille danach bewusst eine Abtreibung vorgenommen wird, ob bewusst eine entsprechende mögliche Nebenwirkung in Kauf genommen wird und wie in anderen Fällen kirchlich mit ähnlichen Fragen umgegangen wird. Nach meinem Dafürhalten ist das nicht der Fall und davon kann auch nicht ausgegangen werden.

Hinzu kommt:
Eindeutig erlaubt, bzw. verzeihlich, ist im katholischen Kirchenrecht die s.g. indirekte Abtreibung .

Wenn z.B. an der Mutter während der Schwangerschaft ein medizinischer Eingriff vorgenommen wird, welcher aus unvermeidbaren Gründen den Abgang des Ungeborenen auslöst (z.B. eine Operation wegen Gebärmutterkrebs), so ist dies im Kirchenrecht keine Abtreibung im eigentlichen Sinne, der Schutz des Ungeborenen an dieser Stelle also eingeschränkt, sofern nur der Schwangerschaftsabbruch als unvermeidliche Nebenwirkung gesehen werden kann.

Die Pille danach nun auf Grund einer Wirkung, die bei korrekter und schneller Anwendung nahezu ausgeschlossen werden kann, mit einer Abtreibung gleichzustellen, halte ich in hohem Maße für unethisch. Ebenso könnte die Bruderschaft jeden anderen ungewollten Abgang, der auf Grund einer Fehlentscheidung der Mutter oder eines anderen beteiligten erfolgt (z.B. Alkoholkonsum, falsche Medikamentengabe aufgrund Unkenntnis der Schwangerschaft, versehentliche Überdosierung von Medikamenten, sportliche Betätigung, etc. pp.) unter Tatstrafe stellen. Auf Grund dieser Lücke aber bleibt „Vom Tisch springen“ oder ein paar gezielte Schläge oder Tritte in den Bauch, da Absicht nicht nachweisbar, in vielen Ländern noch heute ein probater Ausweg, um ein ungewolltes Kind loszuwerden, ohne die (offizielle“ Exkommunikation fürchten zu müssen.

Hinzu möchte ich, auf rein biblischer Basis, meine Interpretation des gottgewollten Lebens gemäß der Bibel fügen, basierend auf z.B. „Gott der Herr machte den Menschen aus einem Erdenkloß, und blies ihm ein den lebendigen Odem in seine Nase. Und also ward der Mensch eine lebendige Seele“ (Gen. 2:7) oder auch „Und was du säst, ist ja nicht der Leib, der werden soll, sondern ein bloßes Korn, […]. Es wird gesät ein natürlicher Leib, und wird auferstehen ein geistlicher Leib. Ist ein natürlicher Leib, so ist auch ein geistlicher Leib. […] Aber der geistliche Leib ist nicht der erste, sondern der natürliche; darnach der geistliche“ (1. Kor. 15:37, 44, 46) diesen Zufolge meine ich zu verstehen, dass biblisch betrachtet, erst mit dem „Odem“, dem Atem, also der Geburt, die Beseelung erfolgt, vor der Geburt somit nur das unfertige Korn gesät ist.

Dem übereinstimmend trifft eine Bibelstelle eine Aussage zum Tod ungeborenen Lebens: „Wenn zwei Männer raufen und sie verletzen dabei ein schwangeres Weib, sodass eine Fehlgeburt eintritt, aber kein weiterer Schaden entsteht, so soll es mit Geld gebüsst werden; was der Ehemann dem Täter auferlegt, das soll dieser geben für die Fehlgeburt. Entsteht aber ein weiterer Schaden, so sollst du geben Leben um Leben, Auge um Auge, Zahn um Zahn“ (2. Mos. 21:22-25).  Ebenso interessant: Pred. 6:3-5: „Wenn einer hundert Kinder zeugte und viele Jahre lebte, bis ins hohe Alter, aber er könnte sein Glück nicht geniessen – ich müsste sagen: Glücklicher ist die Fehlgeburt. Denn sie kommt in Nichtigkeit, […] sie weiss von nichts […].“
(Bibelstellen waren mir bekannt, hier der Einfachheit halber kopiert von http://www.svss-uspda.ch/de/ethik/bibel.htm)

Der obige Richtspruch wertet den Verlust eines Fötus ähnlich wie einen beliebigen anderen Materiellen Verlust, ist somit doch sehr weit entfernt von den Strafen, welche die Bibel für Mord oder gar Totschlag vorsieht. Insgesamt lassen mich die oben genannten Stellen relativ verwundert ob der heutigen Interpretation der Kirche zum Thema Abtreibung zurück. Biblisch begründet können sie jedenfalls nicht sein.

Nun definiert der katholische Katechismus den Moment der Verschmelzung von Eizelle und Samen als Beginn des Lebens… hier macht sich die katholische Kirche witzigerweise eine wissenschaftliche Erkenntnis zu Nutze, wo diese doch in anderen Bereichen so vehement abgelehnt und negiert werden…

Auch die katholische Kirche vertrat immer wieder im Verlauf ihrer Geschichte die Auffassung, dass der Fötus erst im Verlauf seine Entwicklung „beseelt“ wird. Die längste Zeit galt der Fötus bis zum 3. Monat als „unbeseelt“, eher funktional im Sinne einer Pflanze, nicht aber im Sinne eines beseelten Wesens als Mensch gesehen. Dies wurde meines Wissens nach erst im 19. Jahrhundert von Pius IX endgültig aufgehoben.

Abschliessend bleibt zu sagen, dass sich jede Diskussion zu dem Thema leider im Prinzip erübrigt, da die Befürworter der Haltung der Piusbrüder sich im geschlossenen Weltkonstrukt „Glauben“ befinden, aus dem sie schon prinzipiell nicht in eine selbstkritische Metaebene wechseln können, so gesehen ist diese Zusammenstellung eher für diejenigen interessant, die sich als Außenstehende mit dem Thema auseinandersetzen wollen.

Für mich jedenfalls war es ein ganz interessanter und aufschlussreicher Nachmittag, in dem ich mal wieder ein bisschen in meiner alten Bibel blätterm konnte (als Roman betrachtet ist das alte Testament ein richtig gutes Buch).

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