Womit schreibst Du?
Zugegebenermaßen… auch ich schreibe, wie wohl die meisten, heutezutage im überwiegenden Anteil der Fälle schnöde, technokratisch, mit der Tastatur… oft sinnentleert, rotierend, oftmals öfter auf der Löschen-Taste als tatsächlich am Schreiben… da wird windig schnell getippt, dann kurz gelesen, dann erst gründlich – oder weniger gründlich – nachgedacht, dann gelöscht, im Geiste (so denn noch Geist vorhanden) umformuliert, mit Worten jongliert… es wird neu begonnen zu tippen und am Ende beginnt das Spiel von vorn…
Auch bei dem, was ich hier überflüssigerweise an Ergüssen ins Netz tippe, sieht das Procedere höchst ähnlich aus… ich tippe, lese am Ende drüber, formuliere neu und/oder um, glätte Formulierungen, füge phantasievolle Adjektive ein…. was auch immer mir noch in den Sinn kommt… das getippte Wort ist angenehmerweise editierbar, doch genau das wir ihm auch zum fatalen Verhängnis, ist es doch veränderlich, unverbindlich, nicht zuverlässig…
Wie haben wir das eigentlich damals gemacht? Zu Schulzeiten, so hatte ich mich vor einiger Zeit erinnert, da schrieben wir richtig mit den eigenen Händen… Kugelschreiber waren verpönt, der Füllfederhalter, oder kurzdeutsch Füller, war in der Schule Pflicht. Löschen? Unmöglich! Geschrieben war geschrieben.
Genau deshalb wird der Füller wohl auch just nach der Schule von den meisten in eine Schublade verbannt, verdrängt, vergessen. Zu sehr weckt er die Erinnerung an die ach so kurz zurückliegende und ach so fürchterliche Zeit des Schulbank Drückens, der grausamen Schreibübungen, nervenzehrenden Aufsätze und vernichtenden Tests und Klassenarbeiten.
Nun, mittlerweile kann ich wohl sagen, bin ich mehr als einige Jahre von meiner langsam in der Vergangenheit verblassenden Schulzeit entfernt und bin vor einiger Zeit durch einen Zufall für recht kleines Geld eines recht wertigen Füllfederhalters habhaft geworden, den ich mittlerweile doch tatsächlich fast täglich nutze… und für eben jenes edle Schreibgerät möchte ich heute eine Lanze brechen.
Das Schreiben mit dem Füller hat doch, verglichen mit dem Kugelschreiber oder der Tastatur, einfach noch immer so etwas wie Kultur. Es hat einfach etwas erhabenes, auf einem Meeting oder einer Tagung eben nicht mit einem schnöden Kuli auf einem losen Notizblatt herumzukritzeln, sondern mit einem eleganten Füller in einem ordentlichen, vielleicht sogar ledergebundenen Notizblock seine Notizen zu machen.
Die Krönung aber ist es, mit einem guten, tintenbefüllten Füllfederhalter von gutem Schreibverhalten (da gibt es Unterschiede) auf hochwertigem Schreibpapier einen persönlichen Brief zu schreiben… die Feder gleitet nahezu ohne Druck über das Papier, die Tinte fließt einfach und versetzt auch das Schreiben selbst in einen Fluss. Die Handschrift ist automatisch ordentlicher als mit jedem Kugelschreiber, die eigene Schrift gibt dem Brief Charakter auch über das inhaltliche hinaus, eine Freude sowohl für den Schreibenden als auch für den Empfänger. Und auch ein Zeichen, dass das Schreiben noch immer eine kulturelle Errungenschaft unserer Gesellschaft ist.
Versuchts einfach mal wieder… geht doch mal in ein Schreibwarengeschäft, lasst Euch einen schönen Füller (nicht so einen Schulfüller für 12,95, gönnt Euch ruhig mal was 🙂 ) zeigen und macht eine Probefahrt über ein Blatt Papier… Ihr werdet sehen… es macht süchtig…
Ach ja… last but not least… eine mit der Feder und Tinte geschriebene Unterschrift wirkt doch ganz anders, als eine aus dem Kugelschreiber gerollte… probierts mal aus…
lg
Marc
Update 2012: Das Schmuckstück auf dem Bild ist mir kürzlich zugeflogen. Ein Parker Duofold älteren Baujahrs des Formats International mit Platinveredelter M-Goldfeder, sehr klassisch und tatsächlich auch in Sachen Schreibkomfort nochmal ein Quentchen mehr als mein bisheriger Rotring…
Meine Kollege meint, entgegen anderer Meinungen – vorzugsweise meiner Frau, ich habe eine sehr schlechte Handschrift. Er vergisst, dass er eigentlich derjenige ist, der es nicht versteht mit einem Schreibgerät, wie etwa einem „Füller“ oder einem „Kulli“, zu schreiben.
Aber gut – da ich lieb und nett bin, werde ich ihm mit internen Email versorgen.
So muss dieser nicht ungewollt meine „schlechte Handschrift“ lesen.
Ungeachtet dessen, habe ich eine sehr schöne „Füllfederhalter-Schrift“.