BTW13 aus Sicht eines Störwählers…

btw13Aus ist’s. BTW 13 ist rum und ich musste das Ergebnis erstmal mental von links nach rechts und wieder zurück wälzen.

Ist das Ergebnis nun Erfolg oder Misserfolg, vom Standpunkt des Störwählers aus?

Viel bewegt hat man jedenfalls auf den ersten Blick nicht.

Was genau sagt uns also das Wahlergebnis? Nunja, ich würde sagen, Störwählen hat mehr Zukunft denn je. Denn letztlich ist das Konzept scheinbar dann doch voll aufgegangen. Was haben wir?

Wir haben einen Anteil von fast 15% der Stimmen, die für das Wahlergebnis ohne Effekt geblieben sind. Piraten, AfD und FDP(!) haben den Sprung nicht geschafft. Damit sieht sich das Wahlsystem insgesamt einmal mehr in Frage gestellt, Rufe nach eine Absenkung der 5%-Hürde werden laut. Eine 3%-Hürde rückt in greifbare Nähe.

Eine 3%-Hürde aber würde die Chancen des Störwählers vervielfachen, würde die Möglichkeiten, sich mit kleinen Parteien in den BT zu wählen signifikant erhöhen und durch die Aussicht auf Erfolg hoffentlich auch mehr Leute animieren, vom Mittel der Wahl Gebrauch zu machen.

Soviel zu den Zukunftsaussichten, die uns aus diesem Ergebnis erwachsen. Nun aber zum eigentlichen Ergebnis.

FDP raus, CDU/CSU ohne Mehrheit, Ausweg einzig Große Koalition oder Schwarzgrün… da freut sich sicher der eine oder andere. Eine Große Koalition dürfte dabei schon daran mehr oder weniger scheitern, dass der Unterschied im Ergebnis sehr groß ist. Die SPD sieht sich nunmal ungern als „kleiner Partner“ und die CDU/CSU wird sich wohl weigern, den Unterschied im Ergebnis einfach zu ignorieren. Eventuell wird man sich irgendwie zusammenraufen, aber schön wird das für keinen…

SchwarzGrün… eine andere Alternative. Könnte ich mir schon vorstellen, mit dem Gedankenspiel treibt es ja schon seit einiger Zeit um. Energiewende, Atomausstieg etc. geben auch themenweise genug Übereinstimmung bzw. genug Chancen auf eine Zusammenarbeit. Ferner wäre das Machtgefälle klar, ein Umstand, der Mutti gut schmecken dürfte. Würde man eine solche Partnerschaft nach Themen getrennt aufbauen, den Grünen ihre Kernthemen lassen, eben solche wie  Energiewende, Verbraucher- und Tierschutz, Landwirtschaft und Klimaschutz, während die CDU sich in ihrem Feld, Wirtschaft, Arbeit, Soziales etc. austobt, könnte das eine gute Partnerschaft sein. Allerdings steht dieser Konstellation entgegen, dass es eben sehr viele Reibungspunkte gäbe, man müsste sich also weitgehend in Ruhe lassen in den eigenen Kerngebieten, das wird kaum klappen.

Abschliessend (Nachtrag), bliebe natürlich noch eine Minderheitsregierung. Das würde ich durchaus spannend finden, es würde ein bisschen Mut erfordern (den ich Mutti weiß Gott kaum zutraue) aber wäre Politisch mal ordentlich würzig. Eine Minderheitsregierung müsste ja praktisch für jede Entscheidung auch Stimmen der anderen Lager auf die eigene Seite bringen… vielleicht würde das mal in angenehmer Weise Fraktionszwänge auflösen und den demokratischen Prozess ankurbeln. Aber wie gesagt, den Mut dazu traue ich den Protagonisten nicht zu…

Das interessanteste an dem aktuellen Wahlergebnis ist aber ein anderes.

Teilt man das Politische Feld in verschiedene Lager so bietet sich auf einer Achse die Einteilung in Konservativ und Progressiv an. Im Wesentlichen sind heute CDU und CSU die einzig wirklich relevanten konservativen Kräfte, die SPD würde ich als gemäßigt progressiv verorten, Grüne und Linke als deutlicher progressiv. Progressiv sagt dabei erstmal noch nichts über die Richtung aus, wohl aber darüber, dass etwas „anders“ werden soll.

Nun hat der Konservativismus naturgemäß eine breite Basis. Der Großteil der Menschen scheut nunmal die Veränderung. Somit ist das öffentliche Bild „wir schützen alte Werte“ immer bei einem Großteil der Menschen gern gesehen. So gern, dass sich die C-Parteien in manchem Bundesland quasi der Alleinherrschaft über Jahrzehnte erfreuen konnten und können.

Interessant nun finde ich, dass die BTW13 zu einem Ergebnis geführt hat, das eine breitere Zustimmung für die progressiven Parteien als für die konservativen zeigt, wobei mit der FDP vor allem die liberal anbiedernde Linie abgestraft wurde.

Bleibt zu hoffen, dass im Rückschluss aus diesem Wahlergebnis tatsächlich die Hürde auf 3% gesenkt wird, das wäre ein wahres Fest für Störwähler! Erste Politiker fordern das schon und es scheint zumindest nicht im Nirvana zu verpuffen… schauen wir mal…

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2 Gedanken zu „BTW13 aus Sicht eines Störwählers…

  1. Störwähler? Habe ich noch nie gehört, aber die Merkel störe ich gerne bei ihrem Weg in den Abgrund. Hier mien Vorschlag für mehr Wettbewerb in den Parlamenten:

    Abs. Felix Staratschek, Freiligrathstr. 2, 42477 Radevormwald

    Kreisvorsitzender der ÖDP Bergisches Land

    Offener Brief an Prof. Dr. von Arnim

    Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Hans Herbert von Arnim!

    Ich habe gelesen, dass Sie für die ÖDP und die Freien Wähler gegen die neue 3%- Hürde beim Europaparlament Klage beim Bundesverfassungsgericht einreichen werden.

    Ich denke, beim EU- Parlament ist wegen der dort vorhandenen Parteienvielfalt keine Hürde nötig und es freut mich, dass Sie hier der Demokratie einen Dienst erweisen!

    Ich würde mich aber noch mehr freuen, wenn Sie gleichzeitig die 5%- Hürde bei der Bundestagswahl angehen. Ich habe dazu ein Konzept entwickelt, wie man die Parameter der 5%- Hürde anders setzen kann, um bei gleicher Wirkung in Bezug auf die Mehrheitsfindung dem Wählerwillen wesentlich besser umzusetzen: http://oedpbergischland.blogspot.de/2011/11/themen-fur-den-kreisparteitag-5-hurde.html .

    Aus dem Urteil zur 5%- Hürde:

    Randnummer 89 b) …..Gegen die Grundsätze der Wahlgleichheit und der Chancengleichheit der Parteien wird verstoßen, ……. wenn die Regelung nicht …… erforderlich ist, um die mit der jeweiligen Wahl verfolgten Ziele zu erreichen (vgl. BVerfGE 120, 82 ).

    Um das Ziel, die Mehrheitsfindung zu ermöglichen, ist es nicht erforderlich, Listen, die weniger als 5% haben, vom Parlamentsbetrieb ganz auszuschließen. Es reicht, wenn man den Vertreterinnen und Vertretern dieser Gruppen das Stimmrecht für einfache Gesetze und die Kanzlerwahl entzieht. Sie können dann aber noch immer alle anderen Abgeordneten- Rechte nutzen, ihre Wählerschaft zu vertreten. Das habe ich unter oben genannten Link beschrieben. Und so viel schlechter, als die Opposition mit Stimmrecht stehen die beratenden Abgeordneten gar nicht da, weil in den meisten Fällen der Opposition ihr Stimmrecht nichts nutzt, weil ihr die Mehrheit fehlt. Die praktische Arbeit beratender Abgeordneter unterscheidet sich daher kaum von der Arbeit anderer Oppositionspolitiker!

    Was ich damals noch nicht gesehen habe, aber das aktuelle Wahlergbenis zeigt, ist, dass die 5%- Hürde zu einer äußerst schwachen Oposition führen kann, wenn es eine große Koalition aus CDU/CSU und SPD gäbe. Linke und Grüne wären nicht in der Lage von Minderheitenrechten gebrauch zu machen. Würden jedoch FDP, AFD, Piratenpartei, Freie Wähler, Tierschutzpartei, ÖDP und „Die Partei“ in den Bundestag beratend einziehen, würden die zusammen mit Grünen und Linken über 30% der Abgeordneten ausmachen. Da auch beratende Abgeordnete Antragsrecht hätten, würden diese den Handlungsspielraum der Opposition deutlich ausweiten.

    Hinzu kommt, dass bei beratenden Abgeordneten die neuen Gruppen eine Chance bekommen, parlamemtarische Erfahrungen zu sammeln, ohne gleich in die Machtfragen eingebunden zu sein. Sie haben so zum einen Zeit, zu lernen, wie man im Parlament agiert, ohne beim Lernen die anderen im Handeln einzuschränken, und können dann durch gute Oppositionsarbeit erreichen, dass entweder die anderen Parteien ihre Themen aufgreifen oder bei der nächsten Wahl der Wahlerfolg noch größer wird. Überschreitet dann eine Gruppe bei einer die 5%- Hürde sind deren Politiker bereits mit der Arbeitsweise vertraut und können dann auch eine bessere Politik machen. Oder sie könnten im Falle der FDP ohne Koalitionszwänge mal daran arbeiten, wie man echte, sinnvolle ordoliberale statt neoliberale Politik macht.

    Ich würde mich daher freuen, wenn Sie Ihre Klage gegen die 3 / 5%- Hürde zweiteilen:

    1. Die Klage, wie geplant, gegen jede Hürde beim Europäischen Parlament.

    2. Die zusätzliche Klage für eine bessere 5%- Hürde für Bundestag und Landtage, die es Gruppen unter 5% ermöglicht, entsprechend dem Wählerwillen verbal und durch Anträge an der Meinungsbildung in den Parlamenten mitzuwirken. So eine Klage hat m.W. bisher niemand versucht. Bisher sollte nur die ganze 5%- Hürde fallen und das ist bisher immer beim Bundestag und bei Landtagen abgelehnt worden. Aber beratende Abgeordnete würden mehr Themen in die Debatten bringen, neue Themen, die von unten wachsen, werden so frühzeitig in die Parlamente getragen und können dann zum Wohle des Landes und der Menschen schneller aufgegriffen werden.

    In Bayern und beim Bundestag würden dann nicht gut 14% der gültigen Wahlstimmen ganz unter den Tisch fallen. Linke, Grüne, Piratenpartei, FDP und Freie Wähler wären in jedem Landtag vertreten, Familienpartei, ÖDP, Tierschutzpartei, Bayernpartei und Die Partei wären in einigen Landtagen vertreten.

    Es würden auch nicht überproportional viele Extremisten einziehen: Ca. 81 Sitzen von AFD, FDP, FW, Piraten, ÖDP, Tierschutzpartei und Die Partei stehen nach dem Ergebnis der Bundestagswahl 2013 10 Sitze für NPD, REP und Pro D. gegenüber. http://www.bundeswahlleiter.de/de/bundestagswahlen/BTW_BUND_13/ergebnisse/bundesergebnisse/

    Eigentlich müsste hier auch die Familienpartei auftauchen. Bei Europawahlen gehört die zu den Parteien, die im Prozentbereich stimmen bekommen. Aber die haben eine kleine Basis und schaffen nur aus diesem Grund die Hürden zur Wahlzulassung zur Bundestagswahl außer im kleinen Saarland nicht. Es ist daher die Frage, ob es nicht weitere Kriterien für die Wahlzulassung geben muss, wie z.B. das Abschneiden zu anderen Wahlen oder die Zahl kommunaler Mandate. Es kann doch nicht sein, dass Parteien, die unter den sonstigen Gruppen beim Wählerzuspruch an der Spitze stehen nur deshalb nicht an der Wahl teilnehmen können, weil bürokratische Hürden dies gegen den Wählerwillen verhindern.

    Ich bin Kreisvorsitzender der ÖDP! Aber als Demokrat bin ich zuerst für faire Wahlen und faire Wahlzulassungsverfahren, auch wenn dann andere Parteien an der ÖDP vorbeiziehen. Unter dem Strich würde aber eine stärkere Familienpartei der ÖDP helfen, weil beide Parteien eine sehr ähnliche Familienpolitik fordern und die Stärke der Familienpartei kaum zu lasten der ÖDP ginge. Es wäre z.B. ausreichend, dass wenn einmal die Unterschriftensammlung für die Wahlzulassung erbracht wurde, diese dann auch gilt, um dann in Folge bei jeder Wahl anzutreten oder wenn Wählerstimmen für die nächste Wahlzulassung angerechnet werden.

    Anbei weitere Vorschläge von mir zum Wahlrecht, um Einzelbewerber und Direktkandidaten zu stärken und um zu verhindern, dass Personen einen Wahlkreis gewinnen, von denen die Mehrheit auf keinen Fall vertreten werden will. Auch das ist heute möglich! http://viertuerme.blogspot.de/2013/09/petition-fur-bessere-regeln-zur.html

    Viele Grüße, Felix Staratschek

  2. Hallo Felix,
    Danke für den ausführlichen Beitrag. Ja, das Thema 3% oder 5%-Hürde ist ein heute, dank vielfältiger Parteienlandschaft, ein wichtiges, um den Bürgerwillen besser im Wahlergebnis, also nicht dem auf dem Papier, sondern dem im Parlament, zu reflektieren.
    Wäre interessiert zu hören, wie sich Deine Initiative da entwickelt.
    Gruß und Dank,
    Marc

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