Ist es nicht toll! Gleich einem Messias fliegt heute Edward Snowden durch die Welt, von Hong Kong nach Moskau ging es, Endziel Venezuela? Who knows, was noch alles passieren kann. Die Dramaturgie der bisherigen Snowden-Story kann nur als brilliant bezeichnet werden. Erst die Enthüllungen zu Prism, quasi zeitgleich die Selbstoffenbarung von Snowden.
Thomas K. bloggt dazu:
Der Held wurde von Obama enttäuscht! (Link zum blog)
Das geht aus dem Statement von Snowden hervor. Womöglich ein Schachzug, die Republikaner zu stärken? Den Geheimdiensten käme dies zu nutze, sind ihnen doch die Republikaner viel besser gesonnen.
Andererseits ist mir persönlich das zu stumpf, zu eindimensional, und ich bin, gerade manch politischer Schwenk von Obama deutet zumindest darauf hin, einmal mehr überzeugt, dass der Präsident der USA doch eher nur Repräsentant eines erheblich komplexeren Machtapparates ist. Hinzu kommt die tolle weiterführende Dramatik der Causa Snowden. Erst Prism, dann Tempora, nun die Überwachung chinesischer Mobilnetze…. Jetzt kommt auch noch Moskau ins Spiel als Anflugsziel seiner Flucht aus Hong Kong.
Aus all dem entwächst ein geradezu beklopptes #VT Szenario:
#snowden war von den Behörden gewollt.
Ob er selber nun wissentlich oder in bester Absicht verwickelt ist, ist dabei nebensächlich, ich bevorzuge den Gedanken, dass er in bester Absicht handelt.
Nun wird also ein Reigen von „Enthüllungen“ veröffentlicht. Ich setze „Enthüllungen“ in Gänsefüße weil, ich denke, da sind wir uns einig, die meisten doch schon länger in dem Wissen im Netz unterwegs sind, dass die Amerikaner mitlesen. Es ist uns nur egal! Solange es nicht offiziell ist, denken wir darüber auch nicht nach. Wo immer es sich einen „legalen Weg“ in den Alltag bahnen will, treten wir eine Welle der Empörung los (ACTY, SOPA, PIPA, VDS etc.) die jede rechtliche Verankerung zumindest sehr schwer macht.
Wie ist das zu durchbrechen?
Die „Akzeptanz“ muss erhöht werden. Wie erhöht man die Akzeptanz? Durch Aufbau von Toleranz.
Und so geht der Reigen:
- Prism: Ein Sturm der Entrüstung
- Tempora: Ein… naja… Wind der Endrüstung. Allgemeines „Hab ich ja schon geahnt“-Schulterzucken.
- Mobilfunk in China durch NSA angezapft: Oh… die Chinesen ziehen bei uns ja auch immer… hmmm…. garnicht so schlecht…
Noch ein paar Wochen dieses Spiel und die allgemeine Empörung weicht einer gewissen bewussten Akzeptanz, ja Gutheißung der Überwachung (mit jeder neuen Enthüllung kommt der „war-doch-klar-Effekt“ deutlicher raus und immerhin wurden ja über 50 terroristische Verschwörungen entdeckt).
Gleichzeitig, und das ist vielleicht der Kernpunkt, haben die Staaten eine Legitimation gewonnen, die Überwachung und Bespitzelung im Inneren auszuweiten… Der Whistleblower wird zum neuen Terroristen gebrandmarkt, die Staaten etablieren Systeme, in denen die Behördenangestellten und später auch die Bürger aufgefordert sind, sich gegenseitig „im Auge zu haben“. Das alles natürlich ganz bürokratisch, Vergleiche mit restriktiven Überwachungsregimes sind unangebracht, weil es ja nur dazu gilt, die demokratische Freiheitlichkeit zu schützen.
Und ab davon, ob nun gewollt oder nicht:
Welchen Nachteil hätten die Staaten, wenn das, was eh jeder weiss nun nicht mehr aufwendig verborgen werden muss?
Es wird wohl darauf hinauslaufen, dass die Causa Snowden am Ende einen gesellschaftlich relevanten Effekt hat: Die Akzeptanz/Toleranz für allgemeine Überwachung wird in der Breite der Bevölkerung größer.
Ob das nun gezielt ausgelöst wurde oder einfach so geschieht, von dieser Endthese bin ich im Moment ziemlich überzeugt…
In diesem Sinne…