Schonmal darüber nachgedacht, wie es wäre, dauerhaft beobachtet zu werden?
Schonmal überlegt, wie es wäre, wenn irgendwo, irgendwer alles mithören könnte, was Du so sagst?
Was würdest Du tun, wenn dem so wäre? Würde Dein Verhalten sich ändern?
Stell Dir vor, Dein Chef besorgt für alle Mitarbeiter Webcams, die auf dem Monitor am Arbeitsplatz installiert werden, und kontinuierlich gucken, ob Du auch wirklich arbeitest, oder aber ob Du schwätzt oder aus dem Fenster guckst.
Stell Dir vor, Dein Ehepartner verlangt von Dir, Dein Handy permanent an und per GPS ortbar zu halten… natürlich nur aus Sorge um Dich…
Stell Dir vor, jemand könnte aus der Ferne jederzeit auf die Bilder Deiner Laptop-Webcam oder Deines Smartphones zugreifen. Stell Dir vor, gleichzeitig könnte dieser jemand hören, was Dein Smartphone oder Dein Laptop „hört“.
Es mag wohl sein, dass Du nichts zu verbergen hast… aber heißt das im Umkehrschluss, dass Du alles preisgeben willst? Ich denke nicht.
Wer nichts zu verbergen hat, will noch lange nicht alles zeigen!
Wenn Du also weißt, dass Du beobachtet wirst, dann wird sich wohl etwas ändern. Schon Kinder spielen anders, wenn sie wissen, dass sie beobachtet werden. Das geschieht unbewusst, sieht man sich doch in irgendeiner Form, wenn man beobachtet wird, auch einer Bewertung ausgesetzt, die man beeinflussen möchte. Dagegen kann man sich garnicht wehren.
Führungspersonen mit tyrannischen Ambitionen kommen solche Überwachungsphantasien ebenso recht wie sie jenen gut in den Kram passen, die sich in patriarchisch-elterlicher Überlegenheit zum Beschützer über ihre Untergeben stilisieren wollen.
Nun sind solch totale Überwachungsphantasien wohl unrealistisch, wenn auch immer weitergreifender im Bereich des Möglichen.
Das Angenehme: Die Überwachung muss garnicht stattfinden! Es reicht schon der Eindruck, dass potentiell die Möglichkeit besteht, jederzeit überwacht zu werden.
Stell Dir nur mal einen einzigen Tag lang vor, dass Dein Smartphone generell alles, was es „hört“oder „sieht“ an eine höhere Gewalt übermitteln kann. Sagen wir, an Deine Mutter. Stell Dir das intensiv vor, und dann verhalte Dich einen Tag lang so, als wäre das tatsächlich gegeben. Stell Dir bei allem, was Du sagst vor, Deine Mutter hört mit. Stell Dir bei allem, was Du im Fokus Deiner Smartphone-Kamera tust vor, Deine Mutter schaut zu. Stell Dir bei allen Emails, Chatnachrichten oder Social-Media Posts vor, Deine Mutter liest mit.
Und dann denk nochmal drüber nach, was das bedeutet und wie weit „Ich habe nichts zu verbergen“ reicht, wenn es wirklich soweit ist…