Facebook als Bürgerpflicht…

weltkartezentralWer meinen Blog hier ein bisschen verfolgt hat in den letzten Jahren, der weiß ja schon, dass ich den großen Playern im Markt der sozialen Netze und Online-Geschichten einigermaßen vorsichtig, um nicht zu sagen kritisch gegenüber stehe.

Ja, ich pflege Accounts bei einigen der sozialen Netze, bei g+ mittlerweile stark reduziert, dann noch einen bei Diaspora (was sicherlich nicht zu den „großen“ zählt) und eben bei Twitter. Meinen Facebook-Account, den ich mal eine Zeit lang hatte, habe ich schon vor längerem gelöscht und friste so ein Dasein ganz ohne diese blaue Seite, auf der sich alle immer so treffen.

Warum bin ich damals, nach langem Hadern, zu Facebook? Nunja, ich muss gestehen, dass es ein gewisser Gruppenzwang war. Schon vor einigen Jahren wich im Bekanntenkreis die bis dahin übliche Frage nach einer Telefonnummer der Frage nach dem Facebookaccount. Nun, wenn man jede Woche mehrmals mit dieser Frage konfrontiert ist, macht man halt irgendwann mit…

Nun bleibt es nicht folgenlos, wenn millionen von Menschen in so einem Netzwerk anzutreffen sind. Schon früh haben das diverse Fernsehsender entdeckt und mit „Zusatzservices“ beseelt. Kaum mehr eine Sendung der Populärkultur, die ohne das Einblenden von Hashtags, lustige Lauftexte mit einer redaktionell selektierten Auswahl der besten Tweets zur Sendung und einen Verweis auf die eigene Facebook-Seite auskommt. So weit, so gut, das nervt ein wenig – schließlich kann der interessierte Twitterer selbst im Netz nach dem Hashtag suchen, während nicht-Netz-affine sicher nur eingeschränktes Interesse an diesen Dingen haben-  aber man kann sich dran gewöhnen.

Und dann war irgendwann der Punkt erreicht, an dem es anfing, mir sauer aufzustoßen. Warum? Weil die Medien, angefangen bei TV Sendern über Printmedien etc. angefangen haben, Facebook vorauszusetzen. Plötzlich poppten in den Sendungen Gewinnspiele auf, die im Prinzip nur für Facebook-Nutzer ohne Reibungsverluste nutzbar waren. Plötzlich wurden Themen in Sendungen nur noch „angerissen“ um dann lapidar mit einem „die ganze Story lesen Sie auf unsere Facebook-Seite“ abgeschlossen zu werden.

Bei Privatsendern nervt mich das, aber ich kann darüber irgendwie hinwegsehen, bei öffentlich rechtlichen sieht das anders aus. Da kommt in einem Klatschmagazin ein Beitrag über einen heute stattfindenden Gerichtsprozess dessen Ergebnis erst am Abend erwartet wird, also kommt in der Abmoderation ein „Das Urteil lesen Sie sobald es da ist auf unserer Facebookseite“.

Was passiert hier? Da kommen mehrere Faktoren.

  1. Das öffentlich rechtliche legitimiert Facebook als offizielle Kommunikationsplattform.
  2. Der Zuschauer wird „trainiert“ Facebook als „naturgegebene“, öffentlich gestützte Instanz zu betrachten.
  3. Der Zuschauer wird daran gewöhnt, dass es „allgemeiner Anspruch“ ist, ein Profil dort zu haben.
  4. Es wird Werbung für Facebook gemacht (wäre interessant zu wissen, wie viele Menschen sich ein Profil dort zugelegt haben, UM genau solchen Inhalten zu folgen).

Ich frage mich an dieser Stelle, was genau dagegen spräche, anstatt dem Verweis auf Facebook einen Verweis auf die eigene Webpräsenz anzusagen? Ich frage mich, warum es notwendig ist, sich an den Rockzipfel von Facebook zu hängen. Es muss ja nicht zwingend Aufgabe der Öffis sein, Facebook kritisch zu hinterfragen, aber es unkritisch zu bewerben und zur gesellschaftlichen Norm zu erheben, halte ich für fraglich. Der gesellschaftliche Druck, ein Facebookprofil zu haben, ist auch so schon groß genug, da müssen nicht noch unsere mit einem Bildungsauftrag behafteten Öffis mit ins gleiche Horn stoßen. Ein Profil dort haben, okay, aber alternativlos nur noch diesen Kanal zu bewerben, nö, ich finde, das geht so nicht.

Wer weiß, vielleicht wird ja demnächst Facebook auch zum exklusiven Kommunikationskanal unserer Regierung… für einzelne Politiker trifft das ja schon fast zu…

In diesem Sinne….

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3 Gedanken zu „Facebook als Bürgerpflicht…

  1. Ja, das sehe ich genau so. Mir scheint, so wird auch dazu beigetragen, daß die Menschen wieder vergessen sollen, dass es das Internet gibt und welche Möglichkeiten sie dort gehabt hätten.

  2. Ja, es scheint sehr, dass Facebook und Google im Begriff sind, „das Internet“ wie wir es kannten, abzulösen und in kontrollierbare Bahnen zu lenken…

  3. Spannend,
    schreibe auch gerade ein bisschen was über das große Blaue Netzwerk (ist bald fertig).
    Die 4 Punkte sind interessant., das viel mir immer schwer in Worte zu fassen. Besonders drittens: „Der Zuschauer wird daran gewöhnt, dass es “allgemeiner Anspruch” ist, ein Profil dort zu haben.“
    Eine ähnliche Situation habe ich auch gerade an der Uni 😉

    lg
    krutor

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