Es wird selten so heiß gegessen, wie gekocht wird…

Zeichnung-3Ein Koch in der Küche. Dampfschwaden ziehen zur Decke aus blubbernd brodelnden Töpfen, Fettspritzer prasseln auf Hände und Unterarme beim Wenden saftigen Fleisches. Der Koch nimmt einen kleinen Löffel zum Abschmecken, tunkt in in die appetitlich sämige Soße und führt ihn zu den Lippen.

Und dann, dann kommt der Moment, er spitzt die sich sanft kräuselnden Lippen, den Probierlöffel nah vorm Mund justiert, und…

Er pustet.

Er pustet? Ja, sanft bläst er einen Luftstrom zur Abkühlung über die auf dem Löffel fast noch blubbernde Soße, denn diese noch kochend heiß zu inkorporieren, könnte wohl mit einiger Wahrscheinlichkeit zu einer gewissen Überhitzung des Rachenraums führen und nebst der Schmerzhaftigkeit eines solchen Ereignisses auch die Geschmacksnerven an ihrer fürderhin ordentlichen Arbeit hindern.

Wenn ich das letzte Jahr so Revue passieren lasse, kommt mir der Eindruck, dass sich in den Netzen dann doch der eine oder andere, das eine oder andere Mal, heftig die Lippen oder auch mal die Geschmacksnerven verbrannt hat. Die Säue, die so durch die Dörfer getrieben werden, scheinen irgendwie von Woche zu Woche größer, böser und bedrohlicher zu werden. Ihnen wachsen riesige Hauer, tellergroße Füße, Brustkörbe wie LKW, die das Netz, die Freiheit und die Gesellschaft an sich zu überrollen drohen.

JA, einiges, was man dieses Jahr so gehört hat, geht auf keine Kuhhaut, aber immer wieder wird auch absoluter Blödsinn vorauseilend gehyped, ich erinnere da mal an die angeblich zigtausenden (oder waren es Millionen) Telekommunikationsdaten aus Deutschland, die sich am Ende als abgefangene Daten aus Afghanistan und Nahost entpuppt haben, erst aber tagelang von der Community als „Daten Deutscher Staatsbürger“ gehandelt wurden.

Wenn es um EU-Verhandlungen und Vorschläge geht, werden gerne mal Vorschlagpapiere geleakt. Auch diese als solche zu erkennen, scheint oft genug schwierig für die Netzbewohner zu sein. JA, es werden Lobbytexte passagenweise (teils auch exzessiv) in Regulierungen übernommen. Das ist aber nicht immer so und… und das ist hieran das Drama… werden schon die Vorschlagpapiere im Netz zerlegt, bietet das den entsprechenden Stellen nur Zeit, um die finalen Wordings zu manipulieren, zu überarbeiten, bis sie dem Volk mundgerecht serviert werden können, ohne inhaltlich etwas zu ändern…

Für 2014 wünsche ich mir, dass wir alle ein bisschen mehr pusten, bevor wir etwas in den Mund nehmen, dass Informationen nicht unreflektiert für einen Moment gehyped, sondern sachlich aber mit Nachdruck und zielgerichtet den Weg aus den Netzen finden.

Das meiste, was so durch die Netze, aber nicht durch die Mainstreamnachrichten getrieben wird, ist nicht netzpolitisch, sondern gesellschaftlich relevant.

Aufgabe des Netzes muss es sein, genau das der Gesellschaft beizubringen.

  • Dazu gehört es, das Informationen abgesichert sind und nicht mit einem müden Lächeln von Politik und Wirtschaft beiseite gefegt werden können.
  • Dazu gehört es, genau die Leute zu erreichen, die nicht von selber nach den betreffenden Dingen suchen.
  • Dazu gehört es, die wichtigen Inhalte aus den Netzen heraus in den Mainstream zu bewegen.

Schreibt doch mal eine Gastkolumne für die örtliche Zeitung über die Themen, die so durchs Netz gehen, redet mit denen, die Euch nahe stehen, bringt die Themen aus dem Netz heraus in die Gesellschaft. Oft genug geht es eben nicht um Netzrechte, sondern um Bürgerrechte.

Es geht auch darum, den Menschen zu zeigen, dass sie mit ihren Gedanken nicht allein sind. Wie viele da draußen denken über Grundrechte nach, nehmen aber das Schweigen der politischen Mehrheit zum Anlass, sich damit allein, als Außenseiter zu fühlen. Diesen Menschen muss gezeigt werden, dass sie eben nicht allein damit sind, auch wenn die Öffentlichkeit das glauben machen möchte.

Es gibt Fragen, die müssen gestellt werden, Vorgänge, die müssen hinterfragt werden. Um die richtigen Fragen zu stellen, müssen handfeste Informationen her, kein Gehype, kein „Sau durchs Dorf treiben“ sondern eine emotional geführte Debatte auf solider sachlicher Grundlage.

Da kann man nun die „MeinungsBILDner“ fordern, aktiv zu werden, aber im Wissen um die Mechanismen der Mainstream-Presse und Medien sollte klar sein, dass diese nur wirklich aktiv werden (wenn überhaupt), wenn sie ein entsprechendes Publikum vermuten.

Nicht so heiß essen, wie gekocht wird. Pusten. Sachliche Grundlage für eine anständige Diskussion ohne Eskalation schaffen. Fragen fragen. Hinterfragen.

In diesem Sinne… auf ein gutes Jahr 2014.

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